Soziale Marktwirtschaft

Donnerstag, 22. Januar 2009

Ordnungspolitik

Das neo-/ordoliberale Element in der Sozialen Marktwirtschaft.

von Seba96

Der Neo-/Ordoliberalismus (1)(2) hatte seine Wurzeln im klassischen Liberalismus und dem neuen, sozialstaatlicheren neoliberalen Ansatz von Friedrich Hayek, Alexander Rüstow, Wilhelm Röpke, Alfred Müller-Armack, Ludwig Erhard etc.
Dieser wirtschafts- und gesellschaftspolitisch liberale Ansatz war von Beginn der BRD an politisch wie akademisch kein Mainstream. Es war mehr oder weniger Zufall (und der Überzeugungskraft Ludwig Erhards zu verdanken), dass sich eine Mischung aus (grob) Christsozialem und neo-/ordoliberalen Ansätzen in dem Modell der "Sozialen Marktwirtschaft" durchgesetzt hat. Der Erfolg dieses Konzepts, der in den 50er-Jahren das sogenannte Wirtschaftswunder ermöglichte, schaffte dann auch eine mehrheitliche Zustimmung in der Bevölkerung.

Im Laufe der Jahre kamen dann (beginnend u.a. mit dem Umlageverfahren bei der Rentenversicherung) immer mehr interventionistische und sozialstaatliche Elemente hinzu, nicht weg.

Manche Zeitgenossen haben die Vorstellung, dass es seit den 70er-Jahren in Deutschland immer "neoliberaler" zuginge. Es mag für einzelne Teilbereiche der Wirtschaftspolitik durchaus stimmen, dass hier weniger Keynesianismus und etwas mehr ordoliberale Konzepte praktiziert werden.
Gerade seit diesen 1970er-Jahren hat es jedoch in Deutschland auch folgende Entwicklung gegeben:
- die Sozialtransfers sind massiv gestiegen,
- der Anteil der Sozialausgaben am Haushalt ist keineswegs zurückgegangen, sondern gestiegen und
- die staatliche Sozialpolitik hat sich deutlich ausdifferenziert, d.h. es haben sich viel mehr verschiedene Förder- und Versorgungsleistungen entwickelt.

Es gibt also keinen sachlichen Grund anzunehmen, dass es in Deutschland (ausgerechnet seit den 70er-Jahren) immer "neoliberaler" bzw. mit weniger Staat zugehen würde. In vielen Bereichen wurde schon seit den 60er-Jahren das ursprüngliche ordoliberalere Konzept der "Sozialen Marktwirtschaft" deutlich zu mehr Interventionismus hin verändert.
In manchen Gebieten wurden wiederum (haushaltspolitisch) ausufernde Veränderungen an diesem Konzept wieder etwas, aber selten ganz, zurückgenommen, dafür wurde der interventionistische Gedanke in vielen Gebieten schrittweise immer weiter ausgebaut (teilweise mit positiven, teilweise mit negativen Ergebnissen - aber die Wertung dessen ist nochmal was anderes, die Tatsache kann man jedoch wertfrei festhalten). In manchen Gebieten kam es wirklich seit den 80er-Jahren zu einer liberaleren Handschrift, in sehr vielen anderen Bereichen, der Wirtschafts- wie Sozialpolitik, wurde jedoch auch der Sozialstaatsgedanke weiter ausgebaut.

Begriffsdefinitionen:

Neo-/Ordoliberales Wirtschafts- und Sozialphilosophie (grob vereinfacht):
Der Staat, bzw. die Regierung hält sich aus dem konkreten privatwirtschaftlichem Ablauf heraus, kümmert sich um Infrastruktur und Rahmenbedingungen. Hinzu kommt eine sozialstaatliche Rahmengesetzgebung.

Interventionismus: Der Staat greift "lenkend", "steuernd" ("planend") in den konkreten Wirtschaftsablauf ein, verändert marktwirtschaftliche Abläufe.
Neoliberal bewertet: Interventionismus verzerrt Angebot/Nachfrage-Mechanismen, setzt Fehlanreize, verhindert künstlich einen raschen (jnd damit möglichst wenig Nebenwirkungen zeigenden) Strukturwandel, verschwendet massiv Steuergeld in Subventionen an nicht (mehr) wirtschaftlich arbeitende Branchen und sogar Einzelkonzerne, handelt strukturkonservativ und wirtschaftshemmend.

Sozialstaat, nach ordoliberalem ordnungspolitischem Konzept:
Der neoliberale, ordnungspolitische Sozialstaat sichert Bürger gegen unverschuldete Notsituationen; erschafft Vertrauen und Anreize, möglichst selbstständig leben zu können; er soll jedem Bürger einen (immer wieder festzulegenden) Standard an (wiederum gesellschaftlich anerkannten, veränderlichen) Grundbedürfnissen, wie Bildungschancen, Gesundheitsversorgung, Wohnung und Ernährung ermöglichen.
Er greift dabei nicht direkt in den Wirtschaftsablauf ein, welcher nach marktwirtschaftlichen Mechanismen für Leistungsanreiz, wirtschaftliches Wachstum und individuelle Arbeits- und Entfaltungsfreiheit sorgt.
Der Staat gibt hier den Rahmen, bzw. die allgemein gültigen Spielregeln. Diese Rahmenbedingungen sind wiederum (veränderliche) Gesetze zu Arbeitsbedingungen, Tarifhoheit etc.. Es handelt sich hier aber eben um das Aufstellen von Regeln und von rechts- und sozialstaatlichen Normen, aber bewusst nicht um interventionistisches oder dirigistisches hineinregieren in den volkswirtschaftlich sinnvollerweise nach marktwirtschaftlichen Regeln stattfindenden Wirtschaftsprozess.
_________________________________________________________________________________________

(1) Die deutsche Variante des Neoliberalismus nennt sich Ordoliberalismus
(2) Hierbei ist mit neoliberal der ursprünglich klar definierte Begriff für die Wirtschafts- uns Sozialphilosophie des
Neo-/Ordoliberalismus gemeint; nicht der willkürlich benutzte Kampfbegriff vieler Linker, die unter dem zweckentfremdeten Begriff "neoliberal" einfach alles schlechte dieser Welt propagieren.
logo

Filmore 2000

Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert

Aktuelle Beiträge

Geldpolitik ist Politik
Die Geldpolitik war schon immer wenig von neoliberalen...
Seba96 - 28. Jan, 14:48
Neoliberale Philosophie...
In den heutigen Debatten um die "Finanzkrise" und die...
Seba96 - 24. Jan, 10:11
Ordnungspolitik
Das neo-/ordoliberale Element in der Sozialen Marktwirtschaft. von...
Seba96 - 22. Jan, 08:54
FDP will Änderungen am...
Angesichts einer drohenden Blockade im Bundesrat will...
Seba96 - 19. Jan, 17:51
Charmante Satire auf...
(afp) - In einer in Los Angeles veröffentlichten Erklärung...
Seba96 - 9. Jan, 10:47

Suche

 

Status

Online seit 5682 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Mär, 16:12

Credits


"Finanz"krise
Geldpolitik
Soziale Marktwirtschaft
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren